Deutschland bei der WM 2018 – Eine Vorschau
Normalerweise wäre eine Analyse der möglichen taktischen Optionen der deutschen Nationalelf bei der WM extrem spannend. Da jedoch auf Grund der letzten Spielen und der Kadernominierung alles auf ein System hindeutet, wird dieses nun kurz dargestellt.
Die Außenverteidiger werden sich linear nach vorne orientieren und für Breite im zweiten und im dritten Drittel sorgen.
Kroos wird leicht nach links abkippen und dabei Khedira mehr in die Mitte ziehen, wodurch die linke Seite mit einem zurückfallenden Reus oder Özil tendenziell etwas überladen wird. Kimmich bekommt dadurch mehr Raum auf der rechten Seite.
Die Flügelspieler werden meistens eingerückt spielen. Während Reus sich eher fallen lassen wird, wird es Müller vermutlich immer wieder in die Mitte ziehen. Werner wird Müllers Bewegung gegenläufig ausüben und auf den rechten Flügel ausweichen.
Generell wird Werner sich sehr horizontal an der Abseitslinie aufhalten, sich für Läufe in die tiefe anbieten und häufig auf die Flügel ausweichen.
Ein Matchplan gegen Deutschland
Da die großen Duelle noch nicht feststehen, gibt es jetzt einen Matchplan, wie man gegen Deutschland spielen könnte. Im Umkehrschluss lassen sich aus diesem dann Verbesserungen für das deutsche Spiel ableiten. Der Matchplan für die Gegner ist quasi auch eine Schwächenanalyse Deutschlands.
Wie packt man Deutschland?
1. Hohe Bälle in den Rücken von Hector
Hector hatte hier in den vergangenen Spielen häufig Probleme sich richtig zu positionieren und die Orientierung verloren. Seine hohe Position auf dem Feld trägt auch dazu bei, dass er defensiv nicht optimal steht und im Rückwärtslaufen verteidigen muss. Ein Flügelspieler der sich extrem breit neben Hector positioniert kann optimal für Räume vor und vor allem hinter Hector sorgen.
2. Hummels herauslocken
Hummels hat oft ein schlechtes Timing beim Herausrücken und lässt sich sehr gut herauslocken. Entweder man dribbelt seitlich auf ihn zu und spielt dann, wenn er herausrückt an ihm vorbei, oder man spielt einen Stürmer der sich vor ihm positioniert und dem Ball ein paar Schritte entgegenkommt flach an. Sollte Hummels mit dem Stürmer die Kette verlassen kann nach einer seitlichen Ablage des Stürmers der Raum hinter Hummels bespielt werden.
3. Leichte Probleme bei Kimmich bei der Verhinderung von Flanken
Auf Weltklasseniveau schafft es Kimmich noch nicht immer Flanken zu verhindern.
4. Linksfokus der Nationalelf nutzen und über rechts Angreifen
Durch den leichten Linksfokus der kompletten Mannschaft und die höhere und zentralere Position von Müller ergeben sich zwangsläufig Räume auf der rechten Seite, welche durch schnelle Verlagerungen geschickt genutzt werden können.
Wie verteidigt man Deutschland?
Deutschland wird meistens gefährlich, wenn Spieler aus dem Halbraum Bälle an oder in den Strafraum spielen können und sich so hinter die Kette kombinieren können. Deshalb ist es wichtig, die Mitte zu verschließen, sodass der Ball auf die hochstehenden Außenverteidiger gespielt werden muss. Diese haben den Nachteil, dass sie nicht invers aufgestellt sind und somit nicht gefährlich in Richtung Tor ziehen können. Daher wird es vermehrt zu Flanken kommen, die dann weniger Gefahr darstellen, da lediglich Müller wirklich Kopfballstark ist. Sollte Gomez ins Spiel kommen kann sich dies ändern, mit Müller sind es dann aber immer noch lediglich zwei Anspielstationen. Durch die Überzahl in der Mitte sollten auch zweite Bälle um den Strafraum gut zu erobern sein. Sobald der Ball bei den Außenverteidiger ist werden diese auch gerne von den Flügelspieler vorderlaufen. Hier sollte man sich vor allem auf den vorderlaufenden Spieler konzentrieren und den Weg für eine Flanke aufgemachen, da hohe Flanken wie bereits erwähnt die geringere Gefahr darstellen.
Ein weiteres Mittel Deutschlands sind lange Bälle hinter die Abwehr. Dass diese gespielt werden, ist, sofern man kein durchgängiges Angriffspressing spielt, kaum verhinderbar. Daher ist vor allem die Verteidigung in der letzten Linie wichtig. Hier kommt es darauf an, entweder früh Kontakt zum Gegenspieler aufzunehmen, oder den Raum durch zum Beispiel einen zusätzlichen Verteidiger gut abzudecken.
Und was macht Deutschland?
Natürlich hätte es mehr Spaß gemacht, einen Matchplan für Deutschland zu erarbeiten, doch auch dieser scheint wie oben ausgeführt im Großen und Ganzen schon festzustehen. Daher ein Blick auf die wahrscheinlichen und nicht die möglichen Anpassungen des deutschen Teams.
1. Gomez für Werner
Wenn Deutschland ständig in der Hälfte des Gegners ist und sich ein Flankenfokus ergibt könnte Gomez zum Zug kommen. Seine Art Bälle zu verwerten ist immer noch bemerkenswert und ausgesprochen gut. Auch scheint er, wie die Rückrunde gezeigt hat, nicht viele Chancen für ein Tor zu benötigen. Erwähnenswert wäre noch, dass Gomez seine stärksten Spiele von Beginn an gemacht hat. Man sollte sich also vorher im Klaren sein, ob man auf Gomez oder Werner setzt.
2. Brandt auf rechts und Müller von der zehn, Draxler auf links und Reus von der zehn
Dadurch würde das Spiel deutlich mehr Dynamik über rechts bekommen und Müller könnte seine Stürmerqualitäten, die wohl deutlich über seinen Flügelspielerqualitäten liegen mehr einbringen. Brandt könnte die spielgestalterischen Aufgaben Özils vom rechten Halbraum aus übernehmen und so auch für spielerische Lösungen auf der rechten Seite sorgen und auch Kimmich im Gegensatz zu Müller, der sich sonst mehr in der Mitte positioniert, mehr entlasten. Wie sich allerdings beim Spiel gegen Saudi-Arabien gezeigt hat, scheint Müller auf rechts gesetzt zu sein und bei Bedarf eher Reus in die Mitte zu rücken. Der Unterschied wird sein, dass Reus die Position auf der zehn nicht so starr halten wird wie Özil und sich vermehrt sowohl tiefer als auch in der letzten Linie im linken Halbraum anbieten wird.
Fazit
Deutschlands Formation und Taktik steht. Nach vielen Formationswechseln in den letzten 2 Jahren deutet sich ein klares 4-2-3-1 ab. Lediglich kleine taktischen Anpassungen sind bestenfalls zu erwarten. Dass diese Spieler und auch diese taktische Ausrichtung für eine erfolgreiche WM sorgen können, wurde auch in den letzten Testspielen nicht gezeigt. Gab es in diesen Spielen lediglich ein Motivationsproblem, ist eine Leistungssteigerung durchaus möglich und erwartbar. Lag es nicht an der Motivation, sind die offenbarten Defizite deutlich schwerer zu beheben.